Gewitterfahrt
Wir schreiben den
Morgen des 26. August 2004. Mein erster Törn als
frisch gebackener B-Schein Besitzer. Wir lagen mit der "Hi girls"
im Bojenfeld vor Novalja (Pag). Der Wetterbericht sagte wenig Gutes für
den heutigen Tag voraus: Gewitter und starke Winde. In der Bucht vor Novalja
war davon noch nicht viel zu spüren. Wir wollten so rasch wie möglich
ablegen, denn wir hatten für diesen Tag einen längeren Schlag in
Richtung unserer Heimatmarina Veruda (Pula) geplant.
Als nach einigen Minuten Fahrt die Silhouette von Novalja hinter uns im Dunst
verschwand, und wir uns überlegten, ob wir Segel setzen sollten, entdeckten
wir in nördlicher
Richtung dunkle Gewitterwolken.
Vereinzeltes Wetterleuchten und dumpfes Donnergrollen
begleiteten die düstere Szenerie. Da unser Kurs ohnedies auf die Südspitze
von Cres abgesetzt war, versuchten wir, das Unwetter im Süden zu umfahren.
Es wurde Lifebeltpflicht
für alle Personen an Deck angeordnet und die Segel ließen wir
eingepackt - wir versuchten dem Unwetter unter Motor zu entwischen.
Der
Wind wurde stärker
und kam mit über 30 Knoten böig
aus NW. So wie es aussah, trieb er die Gewitterfront vor sich her. Gott sei
Dank nicht direkt vor unseren Bug aber an der Steuerbordseite näherte
sie sich ständig. Wir änderten unseren Kurs kurzzeitig auf Südwest
um mehr Abstand zur Gewitterfront herzustellen und um die Untiefen bei "Hrid
Bik" südlich mit ablandigem
Wind zu umfahren.
Blitzeinschläge in ein paar Meilen Entfernung sorgten im Zusammenspiel
mit dem Wind, Regenschauern, dem Seegang und einem bleiernen, dunkelgrauen
Himmel für ein unheimliches Szenario.
Nach dem Passieren des Kanals, als wäre die Gewitterfront an der Steuerbordseite noch nicht genug, entdeckten wir an der Backbordseite plötzlich Wasserhosen. Sie befanden sich in einiger Entfernung vom Boot und die Zugrichtung führte von uns weg. So blieb uns Zeit, dieses seltene Spektakel mit einigem Respekt zu beobachten und ein paar Fotos davon zu machen.
Wenn man gehört hat, dass eine solche Wasserhose in Venedig ein Vaporetto aus dem Wasser gesaugt und zertrümmert hat, kann man sich ausmalen, wie ein Segelboot nach einem Wasserhosenkontakt aussehen würde.
Durch den steifen Wind baute sich mit der Zeit auch ein ganz ordentlicher Seegang auf. Ob die Wellen jetzt 2 oder 3 Meter hoch waren könnte ich nicht mehr sagen. Aber unsere Bavaria durchpfügte sie recht wacker und schlug dabei manchmal recht hart auf das unruhige Wasser auf. Die Küchenausstattung flog dabei scheppernd und klirrend in den Schubladen und Schapps herum. Ja, wie sagte schon im Film "Das Boot" der Herr Kaleu: "Das muss das Boot abkönnen!"
Nach etwa einer Stunde hatten wir die Front
passiert und es wurde zwischen den Regenwolken wieder vereinzelt blauer Himmel
sichtbar. Der Wind aber blieb und sorgte weiterhin für entsprechenden
Seegang. Wir erreichen die Insel Cres und legten uns in der südlicheren
der beiden Martinscica Buchten erstmals vor Anker. Unsere nächste Station,
der Kanal von Osor öffnete
erst um 17.00 Uhr und in der näheren Umgebung des Kanals gab es nur wenige
geschützte Ankerplätze, um den Zeitpunkt der Öffnung abzuwarten.
Also warteten wir mit dem Ablegen entsprechend und trafen ungefähr zehn
Minuten zu bald dort ein.
Wir mussten zusammen mit einigen anderen Booten bei
frischem Wind auf der Stelle stehen bleiben oder einen Anker werfen. Wir entscheiden
uns für den Motor und fuhren unsere Kringel bis die Drehbrücke mit
sieben Minuten Verspätung öffnete. Die Durchfahrt ist wie im Handbuch
beschrieben 12 Meter breit, und die Strömung machte auch keine Probleme.
Auf die Tiefe habe ich vor lauter Konzentration auf eine gerade Durchfahrt überhaupt
nicht geachtet. Aber nachdem vor uns größere Segelboote den Kanal
ohne Schwierigkeiten passiert hatten, dürfte er wohl für die „Hi
Girls“ mit ihren 185 cm Tiefgang auch tief genug gewesen sein.
Nach dem Passieren des Kanals empfing
uns erneut stärkerer Wind der gegen
unsere Fahrtrichtung wehte. Alle Segler die den Kanal mit uns passiert hatten,
steuerten direkt die Ustrine-Bucht an, wo schon ziemlich viele Boote vor Anker
lagen. Wir wollten noch etwas weiter, in die nächste Martinscica-Bucht,
wo es auch einen kleinen Ort gibt.
Bei Erreichen der Bucht werden wir von netten
Segelkollegen, die ihrerseits je zwei Murings für sich genommen hatten,
wegen fehlender Murings wieder weggeschickt. Die Ankerversuche im Hafenbecken
waren nicht von Erfolg gekrönt – der Bruce-Anker hält einfach
nicht immer. Wir
beschlossen uns noch mal auf die raue See zu begeben und noch ein paar
Stunden einen holperigen Ritt auf uns zu nehmen um die Marina Cres anzulaufen.
Das sich das bei Tageslicht nicht mehr ausgehen würde, war abzusehen,
so dass wir unfreiwillig auch zu unserer ersten Nachtansteuerung kamen.
Der Wind hatte kaum nachgelassen, blies immer noch mit 25 bis 28 Knoten genau
auf unsere Nase.
Die See hatte sich auch noch nicht beruhigt und so stampfte
die "Hi Girls" ganz ordentlich. Wir machten unter Motor trotzdem
gute Fahrt über Grund und kamen unserem Tagesziel immer näher. Als
wir das Leuchtfeuer Hrid Zaglav an Backbord passierten, versank die Sonne im
Meer. Vom Leuchtfeuer waren es noch etwa drei Meilen bis Rt. Pernat, jenem
Kap, das die Bucht vor Cres im Westen begrenzt.
Als wir das Kap umrundet hatten, und die Lichter von Cres auftauchen, kam schön
langsam wieder Freude bei mir auf. Die schroffe, felsig-steile Westküste
der Insel Cres wirkte bei diesen Windbedingungen nicht gerade einladend. Und
vor allem, es gab außer Ustrine und Martinscica keine windgeschützten
Buchten bis zum Erreichen der Inselhauptstadt.
Wir
hielten jetzt direkt auf die Lichter von Cres zu und kamen damit unserem
endgültigen
Tagesziel von Minute zu Minute näher. Die Fahrt war immer noch rau und
ab und zu krachte das Boot hart auf das Wasser. Die Bavaria kam aber unter
Motor trotzdem mit guten sechs Knoten voran.
Die Ansteuerung gelang durch die Mithilfe meiner Navigatoren ganz ordentlich.
Eines der Restaurants in Cres haben wir von See aus noch aus der Nähe betrachtet, weil wir ein Licht am Ufer für die Befeuerung der Hafeneinfahrt hielten. Wir bemerkten unseren Irrtum aber rechtzeitig und fanden schließlich den richtigen Weg zur Einfahrt in die Marina. Ein Liegeplatz wurde rasch gefunden und das Anlegemanöver klappte wegen des guten Windschutzes auch in der Nacht ganz passabel. An diesem Abend hätten wir uns ein Festmahl redlich verdient, aber um 22:30 Uhr hatte leider keines der Marinarestaurants mehr warme Küche. Aber auch bei uns an Bord mundete es schließlich vortrefflich. Wen's interessiert: Eine kurze meteorologische Info zu Wasserhosen.