Auf Jugo folgt Bora!

So lautet eine bekannte Wetterregel für Adriaskipper - dieses Mal konnten wir sie selbst hautnah erleben. Übrigens die an der Adria vorherrschenden Winde sind: Der Maistral, der Schönwetterwind der untertags aus NW bläst, der Jugo, der bisweilen auch stürmisch aus S oder SO kommt, die Bora, ein stürmisch-böiger Fallwind aus NO, und der stürmische Garbin aus SW bis W kommend.

Wir waren im September 2007 mit der "Lea" unterwegs, kamen von der Insel Zirje, wo wir übernachtet hatten und wollten weiter in Richtung Kornaten segeln. Die Lea war mit einem überdimensionierten Großsegel mit nur einem Reff ausgerüstet, daher fuhren zunächst nur die Genua, die uns bei jetzt 6-7 Jugo-Windstärken zu den südlichen Kornaten bringen sollte. Lange fuhren wir nicht mit achterlichem Wind. Der Wind drehte wie es sich für einen zyklonalen Jugo gehört, nach NO. Jetzt hatten wir Bora!

Der Himmel verdunkelte sich, es begann zu regnen. Wetterleuchten, Donnergrollen. Wir sahen in nordöstlicher Richtung vereinzelt Blitze einschlagen – spätestens jetzt war mir das Ganze nicht mehr geheuer! Mein Entschluss lautete, die erste Bucht, die uns Schutz vor Wind und Wetter bietet und in der nicht unser Mast der höchste Punkt im Umkreis ist, wird angelaufen.

Die Bucht auf der Insel Smokvica schien diese Anforderungen zu erfüllen – wir starteten die Maschine zusätzlich zur Genua um diese Bucht auf direktem Weg zu erreichen. Vor uns bog auch ein größerer Katamaran in „unsere“ Bucht ein – ich denke meine Entscheidung war richtig. Der Wind pfiff auch in der Bucht noch ziemlich durch die Wanten, als wir unsere Warteschleifen fuhren, um abzuwarten wo sich der Skipper des Kat hinlegen wollte.

Endlich hatte der Kat mittels Muring an die Pier der Konoba „Mare“ festgemacht, da wurde uns schon bedeutet, ebenfalls hier anzulegen. Das war leichter gesagt als getan: Die Wassertiefe an der Pier war nicht gerade groß, so dass wir einen ziemlichen Abstand zum Ufer halten mußten, um das Ruder nicht zu beschädigen. Die Muringleinen die wir ergatterten, sahen nicht sehr vertrauenerweckend aus. Die Hügel die unsere Bucht umgaben, waren leider nicht sehr hoch und das Gelände zudem ziemlich flach. Wir hatten also kaum Windschatten und ziemlichen Druck von der Seite, dem unsere Murings standhalten mußten, um nicht mit dem Nachbarlieger zu kollidieren.

Lea

Der Skipper des Kat kam uns dann auch zu Hilfe und sagte uns zu, notfalls an seinem Schiff längsseits gehen zu dürfen wenn unsere Murings dem Druck nicht standhalten würden. Wir hatten die Achterleinen, zwei Murings, eine Spring zum Nachbarn und eine Leine von der Pier auf die Mittelklampe gelegt um unsere Lea einigermaßen zu stabilisieren. Aber so richtig ruhig lagen wir nicht, da zusätzlich zum Wind auch Schwell an unseren Festmachern riß. Zunächst wollten wir die Lea auf diese Weise gesichert liegen lassen und gingen daran, uns den Manöverschluck zu genehmigen.

Auf Deck des Nachbarschiffes entstand plötzlich wieder heftige Betriebsamkeit. Der Skipper des Katamarans wollte sein Schiff noch näher an die Pier verlegen und beauftragte zwei seiner Leute die Achterleinen durchzusetzen. Was uns da an Seemannschaft gezeigt wurde, war ein Schauspiel für sich: Da wurde nicht der Klampenschlag geöffnet, die Leine dichter geholt und neu belegt, nein da wurde gewickelt!
Da stand doch glatt ein „Seemann“ mit hochrotem Kopf heftig an der Leine ziehend an der Klampe, und wickelte den entstehenden Durchhang um die Klampe bis ein etwa kindskopfgroßer Knäuel auf der Klampe entstand. Auf unsere harmlose Frage, ob es nicht besser wäre, die Klampe neu zu belegen wurde uns schulterzuckend mitgeteilt, das wäre vom Skipper so angeordnet worden.

Ja was sollst du dazu noch sagen! Wenn das der Müller Wolfi, unser Segellehrer gesehen hätte! Ich kann mir die Situation lebhaft ausmalen wie der Wolfi zu seiner in der Plicht versammelten Mannschaft grinsend mit gedämpfter Stimme sagt: „Leutln schauts amoi unauffällig zum Nachbarn umme nach steuerbord. Na, I halt des net aus! I glaub i brunz' mi an! Wenn I denen zuaschau, wie die die Heckleinen belegen! Na, I muas schnö mei Kamera hoin!“...

Das Gewitter zog rasch vorüber und wir statteten der Konoba, deren Mooring wir benutzten, einen Besuch ab. Es gab Hummer "buzara" mit Nudeln. Da es keine Gaststube gab, mussten wir unser Festmahl bei 9 Grad Celsius Außentemperatur auf der zugigen Terrasse einnehmen. Schade, bei Schönwetter wäre das ein traumhafter Abend geworden.

Hummer buzara

In der Nacht frischte die Bora noch etwas auf, eine unserer Muringleinen riss und gegen 0300 Uhr in der Frühe mussten wir auf das Angebot des Nachbarn, bei ihm längsseits zu gehen, zurückkommen.

Pier der Konoba Mare

Es blieb trotzdem eine unruhige Nacht und ich war froh, als der Morgen dämmerte. Nach einem kurzen Frühstück verließen wir bei freundlicherem Wetter und nachlassender Windstärke die Pier der Konoba "Mare".