Leuchtfeuerverwirrung

Eine Nachtansteuerung ist für mich immer etwas Besonderes. Da geht es meist darum, vom Meer kommend, im Finstern eine Hafeneinfahrt, welche meist von einem schwachen, blinkenden roten oder grünen Leuchtfeuer markiert ist, zu finden. Dabei sollte man noch darauf achten, Untiefen oder unbeleuchtete Fischerboote, die im Fahrwasser auftauchen, möglichst zu umfahren. Ab und zu sind städtische Molen auch nur mit einem weißen Blinklicht markiert, da wird es schon schwieriger. Es kann aber durchaus sein, dass Leuchtfeuer mal ausfallen und statt rot und grün nur eine der beiden Farben funktioniert.

Die Augen sind ja an die Dunkelheit gewöhnt, aber wenn man sich dann der Küste nähert, sind da nicht nur die Lichter die der nautischen Navigation dienen: Da drängen sind plötzlich Verkehrsampeln, blinkende Neonreklamen, Autos und die gleißende Beleuchtung der Hafenpromenade ins wachsame Auge des Steuermanns. Das sorgt für Ablenkung und kann einen manchmal auch ganz schön in die Irre führen!
Ich finde es auch immer recht lustig, wenn die ganze Crew an Deck versammelt ist und im städtischen Lichtermeer nach einem kleinen roten Lichtlein, das im Sekundentakt blinkt Ausschau hält. Nicht selten entpuppt sich ein vermeintliches Leuchtfeuer bei der Annäherung als Bierreklame im Fenster einer Bar am Hafen.

Wir hatten damals auf meinem ersten Törn auch mal so eine kleine Verwirrung. Als wir damals am Ende einer ziemlich ruppigen Fahrt nachts in der Marina von Cres Schutz suchten, sollte es ein rot blinkendes Leuchtfeuer sein, das die Einfahrt zur Marina markiert.
Was meine Decksleute und ich aber übersehen hatten, war ein zweites rotes Leuchtfeuer direkt am Ufer mitten in der Stadt. Wir hielten zunächst also brav auf das vermeintliche Ende unserer Tagesetappe zu. Ich hatte zwar mein kleines GPS am Steuerstand liegen und warf ab und zu einen Blick darauf. Der Kurs den wir fuhren, passte eigentlich nicht ganz zur Lage der Marina von Cres. Vielleicht gab es eine tiefere Fahrrinne die die Einfahrt nach Cres erleichtet.
Der Thomas, mein Navigator, der im Salon am Navigationstisch die Seekarte ausgebreitet hatte und ab und zu nach oben kam meinte: "Fahr den Kurs weiter, des passt scho!" Als wir uns dem Leuchtfeuer weiter näherten und schon die erleuchtenen Fenster eines Restaurants am Ufer sichtbar wurden stürmte der Thomas plötzlich nach oben: "Stop wir san falsch, die Marinaeinfahrt liegt weiter an Steuerbord!"

Ich hatte so etwas schon geahnt, legte unseren Kurs ohne ein Wort zu sagen etwas nach Steuerbord wo in der Zwischenzeit ein zweites rotes Blinklicht - unser Leuchtfeuer - aufgetaucht war. Wir hatten uns dem Ufer ziemlich genähert, aber wir waren ihm noch nicht so nahe gekommen, dass man die ausgehängte Speisekarte des Restaurants hätte lesen können! Trotzdem, ein bisserl peinlich war's dem Thomas, dem alten Seebären schon, dass er da in der Hitze des Gefechts einem Irrtum aufgesessen war.

Leuchtfeuer
So sieht eine Hafenbefeuerung bei Tage aus.

Für die Nautiker unter den Lesern:

Genau genommen durften wir die beiden Leuchtfeuer natürlich nicht verwechseln: Das beim Restaurant hatte die Kennung Blz r 3 s und das an der Einfahrt zur Marina war ein Blz(2) r 5 s. Das grüne Feuer, das die Einfahrt der Marina an Steuerbord markiert, war an jenem Abend ausgefallen. Übersetzt heißt das: Blz ist ein "Lichtblitz", Leuchtdauer etwa eine halbe bis eine Sekunde. Das r steht für die Farbe des Leuchtfeuers, also rot.
Die 3 s stehen für die Wiederkehr, d.h. für die Zeit nach der sich die Lichterscheinung wiederholt. Das Leuchtfeuer beim Restaurant leuchtet daher alle drei Sekunden einmal für etwa eine halbe Sekunde rot. Die Kennung des anderen Leuchtfeuers besagt, dass alle fünf Sekunden zwei aufeinander folgende rote Leuchtphasen von je einer halben Sekunde zu sehen sind.